„Der Hase mit dem halben Ohr“ von Boy Lornsen und Reinhard Michl
In dieser Geschichte wird ein Kindertraum wahr: Ein Kuscheltier erwacht in der Nacht zum Leben und zeigt seinem Freund, dem Kind, seine abenteuerliche, fantastische Welt. Genau dieser Traum wird für Felix in der Nacht vor seinem Geburtstag Wirklichkeit. In einfachen, lebendigen Sätzen und großer Schrift werden für Leseanfänger die Abenteuer von Felix geschildert. Neben der spannenden Geschichte erfährt das Kind auch einiges über die schöne und gefährliche Lebenswelt der Hasen.
„Der Hase mit dem halben Ohr“ von Boy Lornsen/Reinhard Michl (1986)
Lesealter: ab 5 Jahren
©1986, Thienemann Verlag, ISBN 978-3522150804
Es ist Mitte Mai und Felix hat morgen Geburtstag. Felix Mutter sieht ihren Sohn an und sagt ernst: „Nun laß uns mal vernünftig reden. Hasen sind wildlebende Tiere, die kann man nicht kaufen.“ ( Boy Lornsen: Der Hase mit dem halben Ohr, Thienemann Verlag, 1986, S.8). Doch Felix bleibt bei seinem besonderen Wunsch: Er möchte einen Hasen haben! Kein Kaninchen! Kurzentschlossen geht die Mutter mit ihm am Nachmittag in einen Spielzeugladen. Hier gibt es viele Plüschtiere und Felix soll sich einen Hasen aussuchen. Doch er findet keinen, denn die Plüschhasen sind Ostern alle ausverkauft worden.. Felix geht nochmal ganz langsam durch die Regalreihen und plötzlich entdeckt er ein Hasenohr. Tatsächlich!- Da sitzt, versteckt hinter einem dicken Plüschelefanten, ein Hase. Aber was ist das? Der Hase hat ein halbes Ohr. Das hat ihm ein frecher Junge heimlich abgeschnitten und so wollte dieses Kuscheltier niemand kaufen. Felix sieht sich den Hasen genau an und plötzlich flüstert dieser „Nimm mich! Mich will sonst keiner!“ (Boy Lornsen: Der Hase mit dem halben Ohr, Thienemann Verlag, 1986,S.14). Zum Glück haben Felix Mutter und die Verkäuferin nichts mitbekommen und Felix überzeugt seine Mutter ihm den Plüschhasen mit dem halben Ohr zu kaufen.
In der Nacht, als der Mond zum Fenster hereinscheint, hoppelt der Hase auf Felix Bettdecke und stupst den schlafenden Jungen mit der Pfote an. Der Hase und der Junge schließen Freundschaft. Sie beschließen gemeinsam als Hasen durch die Natur zu streifen und als Felix das linke Ohr des Hasen anfasst, verwandelt er sich in einen solchen. Mit seinen großen Hasenohren kann Felix sogar seine Schwester im Nebenzimmer atmen hören. Fröhlich und abenteuerlustig springen die beiden Hasenfreunde aus dem Fenster in den Garten und hoppeln zur Wiese. Hier gibt es frischen Klee und man kann hier herrlich Haken schlagen üben. Felix erfährt viel über das Leben und die Gefahren des Hasenlebens.
Plötzlich taucht ein Hund auf. Zum Glück haben die beiden Hasen das Haken schlagen geübt und so können sie spielend leicht entkommen. Nun suchen sie sich eine Sasse und bewacht vom Zaunkönig über ihnen im Gestrüpp machen die beiden Hasen es sich gemütlich. Felix gefällt das Hasenleben sehr!
Da hat der Hase mit dem halben Ohr noch eine Überraschung für ihn. Er nimmt ihn mit zur Hasenschule, die auf einer Lichtung bei einer großen Eiche versteckt liegt. Unterwegs machen sie noch Begegnung mit der Eule und einem Hirsch. Auch in der Hasenschule lernt der Hase Felix viel über die Welt der Hasen. Doch dann schleicht sich plötzlich ein Fuchs heran und Felix und der Hase mit dem halben Ohr nehmen erschrocken Reißaus. Gerade sind sie der Gefahr entkommen, taucht zu allem Unglück noch ein Jäger mit seinem Jagdhund auf. Nun weiß der Hase mit dem halben Ohr keinen Rat mehr, doch Felix hat eine mutige Idee: Er berührt wieder das halbe Ohr seines Hasenfreundes. Jetzt verwandelt sich Felix in einen Menschen zurück und der Hase wird wieder zum Plüschtier. So tritt er mutig dem Jäger gegenüber, der den Ausreißer sofort zurück ins Bett schickt. Am nächsten Morgen kommt Felix Mutter ins Kinderzimmer, wo Felix mit seinem Plüschhasen noch schlafend im Bett liegt, und ruft: „Aufwachen, Felix![…] Sonst verschläfst du deinen Geburtstag!“ (Boy Lornsen: Der Hase mit dem halben Ohr, Thienemann Verlag, 1986, S.77).
Der deutsche Schriftsteller Boy Lornsen ist vor allen Dingen für seine Erstwerk „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ aus dem Jahr 1967 bekannt. Dies gelangt 1968 auf die Auswahlliste des Deutschen Jugendbuchpreises. Auch Lornsens Buchreihe um den Hauswichtel Nis Puk gilt heute als Klassiker. Von 1967 bis 1994 veröffentlicht Lornsen zahlreiche schöne Kinderbücher, die oft auch von Natur-, Küsten- oder Seemannsgeschichten handeln. Boy Lornsen wurde 1922 auf Sylt geboren und wuchs hier auf. Drei seiner Werke verfasste Lornsen in Plattdeutsch.
Die Zeichnungen zum Buch „Der Hase mit dem halben Ohr“ fertigte der bekannte Illustrator und Kinderbuchautor Reinhard Michl an. Michl kam mit seinen Illustrationen der folgenden Titel auf die Auswahlliste des Deutschen Jugendbuchpreises: „Es klopft bei Wanja in der Nacht“ von Tilde Michels (1986), „Der Findefuchs“ von Irina Korschunow (1982) und „Der Wunderbaum“ (1981). Außerdem illustrierte Michl unter anderem „Das Dschungelbuch“ von Rudyard Kipling (1981) und „Nils Holgerson“ von Selma Lagerlöf (1991). Auffällig oft bebilderte Michl Bücher mit Tiergestalten.
Die tollen Bilder Reinhard Michls geben der Erzählung Tiefe und veranschaulichen die Gefahren, denen Felix und sein Hasenfreund in Wald und Feld ausgesetzt sind. Das Buch enthält 6 Bilder im Postkartenformat und auf jeder dritten Buchseite eine kleine Detailzeichnung.
Besonders gut gefällt mir das Bild, das den Moment zeigt, als der Hase den schlafenden Felix anstupst. In Michls Zeichnungen ist die Lichtkulisse gut gelungen und strahlt eine besondere Atmosphäre aus:
Auch die Zeichnung, in der die beiden Hasen vor dem Fuchs fliehen, spiegelt schön die Morgendämmerung:
Ein schönes, kindgerechtes und unterhaltsames Buch für Leseanfänger!