Otfried Preussler – Von guten Hexen, bösen Zauberern, Wassermännern und kleinen Gespenstern
Otfried Preussler‘s Kinderbuchklassiker entstanden teilweise vor mehr als 60 Jahren. Ihr Erfolg ist ungebrochen und es hat sich um sie ein riesiges Medienspektrum gebildet. Otfried Preußler, der als Volksschullehrer bereits fantasievoll Geschichten für Kinder erdachte und bebilderte, hat einen Schreibstil, der von der ersten bis zur letzten Seite mitreißt. Neben den fantasievollen Geschichten, ihrer gelungenen Dramaturgie ist es vor allen Dingen Preußler’s lebendige Sprache, die seine Werke auszeichnet. Nicht umsonst wurde Otfried Preußler für zahlreiche namhafte Kinderbuchpreise nominiert und vielfach ausgezeichnet.
Der Kinderbuchautor zeichnet eine überschaubare Realität ab, in der sich alles zum Guten wenden kann. Diese Form des Erzählens baut Kinder auf und ermutigt. Otfried Preussler’s Bücher hinterlassen – auch wenn oft bedrückende Szenen geschildert werden- ein gutes Gefühl und man spürt, dass die Welt, so wie man selbst sie fantasiert, in Ordnung ist. Nebenbei bilden die Bücher einen empathischen und hinterfragenden Geist aus und ermutigen Unrechtsstrukturen zu hinterfragen.
Nun ein Überblick über Preussler‘s Hauptwerke:
„Der kleine Wassermann“ von Otfried Preussler/Winnie Gebhardt-Gayler (1956)
Lesealter: 6-8 Jahre
©1956, Thienemann Verlag, ISBN978-3522106207
Das ist eine Freude bei Familie Wassermann unten im Mühlenweiher! Als der Wassermann nachhause kommt, empfängt ihn seine Frau mit den Worten: „Heute musst du ganz leise sein. Wir haben nämlich einen kleinen Jungen bekommen.“ (Otfried Preußler: Der kleine Wassermann, Thienemann Verlag, 1956, S.3). Gemeinsam mit dem heranwachsenden kleinen Wassermann entdeckt der junge Leser nun die Welt in den düsteren Tiefen des Mühlenweihers und oberhalb der Wasseroberfläche. Hier hat der kleine Wasserjunge einige Abenteuer zu bestehen und auch einiges zu lernen.
Mit seinem Erstwerk „Der kleine Wassermann“ aus dem Jahr 1956 hat Otfried Preussler das Pakett der Kinderbuchliteratur betreten und machte sich mit der Auszeichnung des Sonderpreises im Deutschen Deutschen Jugendbuchpreis gleich zu Beginn seiner Karriere als Kinderbuchautor einen Namen. Auch die Illustrationen von Winnie Gebhardt-Gayler wurden mit dem Preis ausgezeichnet. In den folgenden 60 Jahren verfasste Otfried Preußler über 35 Kinder- und Jugendbücher.
Ab dem Jahr 2011 wurden im Thienemann-Verlag Fortsetzungen der Wassermanngeschichte in Form von Bilderbüchern für Kinder ab 4 Jahren veröffentlicht. Als Mitautorin wird Otfried Preußler‘s Tochter Regine Stigloher genannt. Als Illustrator wurde Daniel Napp gewonnen. Die Bilderbücher tragen den Titel „ Der kleine Wassermann: Frühling im Mühlenweiher“ (2011) und „Der kleine Wassermann: Sommerfest im Mühlenweiher“(2013). Als letztes Werk Preusslers schließt sich mit „Der kleine Wassermann: Herbst im Mühlenweiher“ aus dem Jahr 2014 auch der Kreis und Otfried Preussler veröffentlicht hiermit sein letztes Buch.
Im Jahr 2016 erschien ein Sammelband, der alle drei Bilderbücher vereinigt:
„ Das große Buch vom kleinen Wassermann“ von Otfried Preußler/ Regine Stigloher/Daniel Napp (2011)
Lesealter: 4-6 Jahre
©2016, Thienemann Verlag, ISBN 978-3522458160
www.thienemann-esslinger.de
„Die kleine Hexe“ von Otfried Preussler/ Winnie Gebhardt-Gayler (1957)
Lesealter:6-8 Jahre
©2017, Thienemann Verlag, ISBN978-3522184717
www.thienemann-esslinger.de
Das Kinderbuch über die kleine Hexe feierte im Jahr 2017 sein 60.Jubiläum. Es wurde von Winnie Gebhardt-Gayler illustriert. Das Buch selbst besaß ich in meiner Kindheit nicht, dafür hatten wir einen Teil der Abenteuer auf Schallplatte. Wenn ich heute das Buch lese, höre ich noch immer die einprägsamen Stimmen und Lieder des genialen Karussell-Hörspiels aus dem Jahr 1977 mit Hans Baur als Erzähler.
Die kleine Hexe ist erst 127 Jahre und darf noch nicht am Hexentanz auf dem Blocksberg teilnehmen. Dennoch mischt sie sich unter das wilde Treiben und wird prompt entdeckt. Zur Strafe muss sie auf „Schuster’s Rappen“ nach Hause reiten und darf – vorausgesetzt sie wird eine „gute“ Hexe- eventuell im nächsten Jahr am Hexentanz teilnehmen. Mit Hilfe ihres weisen Raben Abraxas bemüht sich nun die kleine Hexe im folgenden Jahr nur Gutes zu hexen und hilft so vielen Menschen und Tieren, denen Unrecht geschieht oder die sich in einer misslichen Lage befinden. Wie überrascht ist die kleine Hexe als sie feststellen muss, dass sie für ihre guten Taten beim nächsten Hexenrat nur Schelte und Schläge erhält und beschließt die ungerechten Hexen zu überlisten..
Seit 2017 ist auch eine gekürzte und überarbeitete Bilderbuchfassung des Kinderbuchklassikers unter Mitarbeit der Preußler Tochter Susanne Preußler-Bitsch im Thienemann-Verlag erschienen. Das Bilderbuch trägt den Titel „Die kleine Hexe: Ausflug mit Abraxas“ und ist mit doppelseitigen Bildern von Daniel Napp illustriert:
„Die kleine Hexe: Ausflug mit Abraxas“ von Otfried Preussler/Susanne Preußler-Bitsch/ Daniel Napp (1957)
Lesealter: 4-6 Jahre
©2017, Thienemann Verlag, ISBN 978-3522458542
www.thienemann-esslinger.de
„Kater Mikesch“ von Otfried Preussler/ Josef Lada (1930/1962)
Lesealter: ab 8 Jahre
©1990, Fischer Sauerländer Verlag, ISBN978-3737362771
www.fischerverlage.de
Der tschechische Kinderbuchautor und Illustrator Josef Lada veröffentlichte im Jahr 1930 die Geschichten um den Kater Mikesch für eine Kinderzeitschrift des tschechischen Roten Kreuzes. Im Jahr 1958 erschienen sie in einem Buch zusammen gefasst und mit farbigen Tafeln des Kinderbuchautors.
Otfried Preussler erzählte diese Geschichten über den sprechenden Kater Mikesch im Jahr 1962 nach. Im Jahr 1963 erhielt Preußler für seine Fassung den deutschen Jugendbuchpreis. 1964 wurde das Buch von der Augsburger Puppenkiste als Puppenspiel in 6 Teilen verfilmt.
Im Dorf Holleschitz lebt der kleine Pepik mit seiner Großmutter, seinem Vater, einem Schuster, und dem braven Kater Mikesch. Ebenso wie man einem Papagei das Sprechen beibringen kann, hat Pepik dem Kater Mikesch das Sprechen gelehrt. Da ist eine Attraktion im Dorf! Als noch das brave Schwein Paschik der Familie Schuster zu sprechen beginnt (das hat ihm Mikesch beigebracht) und sich auch der Ziegenbock Bobesch der Gruppe anschließt, geschehen allerlei lustige Geschichten in und um Holleschitz..
„Alles vom Räuber Hotzenplotz“ von Otfried Preußler/F. J. Tripp (1962)
Lesealter: 6-8 Jahre
©1987, Thienemann Verlag, ISBN 033449
www.thienemann-esslinger.de
In einer kleinen Stadt treibt der berüchtigte Räuber Hotzenplotz sein Unwesen. Als er Großmutter‘s Kaffeemühle stiehlt und der alten Dame einen gehörigen Schrecken versetzt, sehen sich Kasper und Seppel gezwungen, die örtliche Polizei in Person des Oberwachtmeisters Dimpfelmoser zu unterstützen und bei der Gefangennahme des Räubers zu helfen. Doch selbst mit all ihrer List können die beiden Freunde den bösen Räuber nicht zur Strecke bringen und geraten überdies in die Fänge des gemeinen Zauberers Petrosilius Zwackelmann. Jetzt kann nur die Hilfe der Fee Amaryllis und der Wahrsagerin Frau Schlotterbeck helfen!
Den Beginn des Buches hat mir mein Vater in der 4. Klasse vorgelesen. Den zweiten Teil habe ich dann begeistert selbst gelesen. Besonders gut gefiel und gefällt mir bis heute die Erzählung um den Zauberer Petrosilius Zwackelmann, Kasper‘s Abenteuer auf der hohen Heide und am Unkenpfuhl. Hier haben die außergewöhnlich textnahen Bilder von Franz Josef Tripp meine Fantasie beflügelt.
In den Fortsetzungsbänden wird die Bevölkerung des Städtchens weiterhin vom Räuber Hotzenplotz in Atem gehalten, aber Kasper und Seppel sorgen dafür, dass es für alle Beteiligten ein gutes Ende nimmt.
„Das kleine Gespenst“ von Otfried Preußler/ F.J. Tripp (1966)
Lesealter: 6-8 Jahre
©2011, Thienemann Verlag, ISBN978-3522110808
www.thienemann-esslinger.de
„Das kleine Gespenst“ lernte ich als Grundschülerin im Jahr 1990 über ein Karussell-Kassetten-Hörspiel auf einem Kindergeburtstag kennen und lieh mir das Buch daraufhin in unserer Gemeindebücherei aus. Ich empfand die Erzählung als sehr spannend.
Das kleine Gespenst lebt auf der Burg Eulenstein ein beschauliches Gespensterleben. Allnächtliche Ansprache findet es in seinem Freund dem Uhu Herrn Schuhu. Eines Tages wird das Gespenst um 12 Uhr wach- aber es ist 12 Uhr am Tag.. – nicht Mitternacht! Im Sonnenlicht wird das Gespenst ganz schwarz und irrt auf der Suche nach Hilfe durch das Städtchen Eulenberg. Hier sorgt der „schwarze Unbekannte“ für allerlei Unruhe und Trubel. Endlich findet das Gespenst drei Kinder, die ihm zusammen mit seinem Freund dem alten Uhu Herrn Schuhu aus seiner misslichen Lage helfen können..
Seit dem Jahr 2016 gibt es auch zu dieser Erzählung ein Bilderbuch im Thienemann-Verlag mit dem Titel „Das kleine Gespenst: Tohuwabohu auf Burg Eulenstein“. Dieses wurde nach einer Idee Otfried Preusslers von seiner Tochter Susanne Preußler-Bitsch verfasst und ist von Daniel Napp illustriert.
„Das kleine Gespenst: Tohuwabohu auf Burg Eulenstein“ von Otfried Preußler/Susanne Preußler-Bitsch/ Daniel Napp (2016)
Lesealter: 4-6 Jahre
©2016, Thienemann Verlag, ISBN 978-3522458092
www.thienemann-esslinger.de
„Der starke Wanja“ von Otfried Preußler/Herbert Holzing (1968)
Lesealter: 5-12 Jahre
©1983, Thienemann Verlag, ISBN 978-3522134002
www.thienemann-esslinger.de
Bereits der erste Satz des Jugendbuches macht deutlich, dass es sich hier um ein Märchen handelt: „Es lebte einmal im heiligen Russland ein Bauer mit Namen Wassili Grigorewitsch, der hatte drei Söhne: Grischa, Sascha und Wanja“ (Otfried Preußler: Die Abenteuer des starken Wanja, Zeitverlag, 2008, S. 9). Otfried Preussler fasst in der Erzählung um den Bauernsohnes Wanja verschiedene Motive russischer Märchen und Sagen zusammen und gestaltet eine überraschende und mitreißende Erzählung.
Dem Bauernjungen Wanja wird gleich zu Beginn des Buches von einem blinden alten Mann verheißen, dass er Zar werden soll. Als Vorbereitung auf die vor ihm liegenden Aufgaben und Abenteuer soll der 17jährige Junge aber zunächst sieben Jahre auf dem Backofen liegen, nur Sonnenblumenkerne essen und kein Wort sprechen. Auch wenn Wanjas Brüder versuchen es zu verhindern, so meistert Wanja diese Prüfung und erlangt dadurch übermenschliche Kräfte. Nun verlässt Wanja sein Vaterhaus und begibt sich auf Wanderschaft um sein Zarenreich zu finden. Unterwegs nutzt er seine Stärke, um Menschen und Tieren zu helfen. Außerdem besiegt er den bösen Och und die Hexe Baba Jaga. Endlich kommt Wanja am Zarenhof an und erkennt in dem gefangenen Zaren, den alten blinden Mann, der ihm den Zarenthron verheißen hat. Und natürlich nimmt das Buch wie im Märchen ein gutes Ende.
Seit Frühjahr 2018 gibt es eine Neuaustattung des Kinderbuches mit Illustrationen von Maximilian Meinzold:
„Die Abenteuer des starken Wanja“von Otfried Preussler/ Maximilian Meinzold (1968)
Lesealter: 10-12 Jahre
©2018, Thienemann Verlag, ISBN 978-3522185011
www. thienemann-esslinger.de
„Krabat“ von Otfried Preußler (1971)
Lesealter: 12-14 Jahre
©2008, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN978-3423252812
www.dtv.de
Der Betteljunge Krabat hat am 3. Januar einen merkwürdigen Traum: Er sieht 11 Raben auf einer Stange. Der 12. Platz ist frei. Und dann ruft eine heisere Stimme: „Krabat“- „Krabat“- „Krabat“- „Komm nach Schwarzkollm in die Mühle, es wird nicht zu deinem Schaden sein!“ (Otfried Preußler: Krabat, dtv, München, 2006, S.10). Und entgegen der Warnung eines Dorfbewohners, dass es in der Mühle am Koselbruch nicht geheuer ist, macht sich Krabat auf den Weg. In der Mühle tritt er als Lehrjunge in die Dienste des Müllers. Sobald er dem Meister seinen Handschlag gibt, erhebt „sich ein dumpfes Rumoren und Tosen im Haus.“ Die Mühle beginnt wieder ihr Mahlwerk. Gemeinsam mit 11 Müllerknappen dient Krabat dem Meister und er merkt gleich, dass mit dem einäugigen Müller etwas nicht stimmt. Krabats Fluchtversuche scheitern und der junge Müllerbursche hat das Gefühl, dass es dabei nicht mit rechten Dingen zugeht. Am Karfreitag nimmt der Meister Krabat auch als seinen Schüler auf. Er verwandelt die Müllerburschen in Raben und liest ihnen Abschnitte aus dem Koraktor, dem Höllenzwang, vor. Diese Zaubersprüche müssen die Schüler in Rabengestalt nun rezitieren. Nun ist sich Krabat gewiss- er ist in einer Schwarzen Schule gelandet. Krabat möchte seinem Gefängnis entfliehen, aber er weiß nicht, welchem Müllerburschen er vertrauen kann. Außerdem wird der Meister misstrauisch und das Leben Krabats und seiner Verbündeten ist in Gefahr. Richtig kompliziert wird es, als Krabat sich in ein junges Mädchen im Dorf verliebt. Aber wie im Märchen nimmt die Sage ein gutes Ende und ausgerechnet am Neujahrstag macht sich die junge Kantorka auf den Weg, um Krabat aus den Fängen des Meisters zu befreien.
In Preußlers Erzählung wird das Böse und Teuflische erfahrbar und in seinen weltlichen Machtstrukturen angedeutet. Im Buch lässt Preußler schwarz-magische Riten, Handlungen und christliche Bräuche und Zeichen der Liebe um Macht ringen.
Otfried Preußler sagte selbst über sein Buch „Mein Krabat ist […] meine Geschichte, die Geschichte meiner Generation und die aller jungen Leute, die mit der Macht und ihren Verlockungen in Berührung kommen und sich darin verstricken.“ Krabat sieht sich der Frage gegenüber, was im Leben wirklich wichtig ist. Und er lernt, welchen Preis es hat, sich zu verkaufen. Das Mahlen von Knochen und Zähnen in der Mühle verdeutlicht das. Dies sind menschliche Erfahrungen. So findet der Mensch sich schnell in Gefängnissen und Anhängigkeiten, die von Außen auf ihn einwirken oder ihn in seinem Innern zermahlen. Nur die fromme Kantorka schafft es letztendlich diesem Bollwerk der Angst und Unterdrückung mit ihrer Unerschrockenheit und Standfestigkeit Einhalt zu gebieten. Damit ist sie die eigentliche Heldin dieser märchenhaften Erzählung. Tiefenpsychologisch erzählt Krabats Geschichte somit von der persönlichen Identitätsfindung und der Menschwerdung allgemein.
Otfried Preußler hat die Figur des Krabats nicht erfunden, sondern eine sorbische Sage aus dem 18. Jahrhundert aufgearbeitet. Die Figur des Krabats gab es historisch. Der Sagenname bezeichnet Krabats Herkunft – nämlich Kroatien. Im Krieg unter August dem Starken ist Krabat zu Ehren gekommen und wird Lehnsherr des Guts Groß Särchen. Der geheimnisumwitterte Lehnsherr hat bis heute Spuren hinterlassen. So ringt er der sandigen Heide und dem Moor durch fortschrittlichen Landschaftsbau gutes Ackerland ab. Auch hebt er das Lehenswesen zu seinen Lebzeiten auf und verteilt die 40 Pachtländer unter den freien Bauern. Dies brachte ihm großen Respekt in der Bevölkerung ein und in Wittichenau, wo Krabat begraben ist, erinnert eine „Krabatsäule“ an Johann Schadowitz, wie Krabat mit Geburtsnamen hieß.
In einzelnen Punkten weicht Preußlers Fassung von den Originalsagen ab. Hier verläuft sich Krabat im Wald und gerät so zur Schwarzen Mühle. Auch ist es die Mutter, die Krabat aus den Fängen des Meisters befreit. Krabat entwendet den Koraktor und wird ein guter Zauberer, bis er sich im Kampf dem alten Meister stellen muss. Otfried Preußler hat mit seinem Werk eine Facette der Sagengestalt Krabat heraus- und neu aufgearbeitet. Das besondere ist dabei, dass man an Krabats Seite die Lehre in der Schwarzen Mühle durchläuft und emotional tief berührt wird.
„Hörbe mit dem großen Hut“ von Otfried Preußler (1981)
Lesealter: 8-10 Jahre
©2010, Carlsen Verlag, ISBN978-3551356154
www.carlsen.de
Im Siebengiebelwald wohnt der Hutzelmann Hörbe. Obwohl Hörbe eigentlich Preisselbeermarmelade einkochen wollte, entscheidet er sich an einem schönen Spätsommertag wandern zu gehen. Bei dieser Wanderung hat er einige Abenteuer zu bestehen und gerät in die berüchtigten Wörlitzer Wälder. Hier soll der gefährliche Plampatsch hausen. Aber Hörbe trifft nicht den Plampatsch, sondern den Zottelschratz Zwottel. Dieser berichtet dem verängstigten Hörbe, dass es in den Wörlitzer Wäldern keinen Plampatsch gibt und weil die beiden sich gut verstehen, beschließt Zwottel Hörbe zurück in dessen Haus im Siebengiebelwald zu begleiten und bei ihm zu leben.
Ein unterhaltsames, fantasievolles Buch, das sich auch gut als Vorlesebuch eignet. In der vorliegenden Ausgabe und älteren Buchausgaben sind Preußlers eigene Illustrationen zu finden. Diese vermitteln die Liebenswürdigkeit und auch Bodenständigkeit der Bewohner des Siebengiebelwaldes.
In einer Neufassung des Thienemann Verlages aus dem Jahr 2016 hat die Illustratorin Annette Swoboda die Bebilderung übernommen. Mich kann diese Fassung nicht überzeugen. Hörbe wird hier bubihaft-kindlich dargestellt und auch die Darstellung der Gefahrensituationen verliert mit der abgetönten weichen Farbigkeit ihre Wirkkraft.
„Hörbe mit dem großen Hut“ von Otfried Preussler/Annette Swoboda (1981)
Lesealter: 6-8 Jahre
©2016, Thienemann Verlag, ISBN978-3522184243
www.thienemann-esslinger.de
„Hörbe und sein Freund Zwottel“ von Otfried Preußler (1983)
Lesealter: 8-10 Jahre
©2007, Carlsen Verlag, ISBN978-3551356147
www.calsen.de
Im zweiten Band über die beiden Freunde Hörbe und Zwottel naht der Winter. Es hat sich gezeigt, dass ein Zwottelschratz über einen ausgeprägten Appetit verfügt und Hörbe fürchtet um ihr Auskommen während der kalten Wintermonate. Zum Glück helfen die anderen Hutzelmänner des Siebengiebelwaldes aus und so starten die beiden in einen Winter, der noch einige Abenteuer für die beiden Freunde bereit hält..
Weitere schöne Bücher von Otfried Preußler sind:
„Die dumme Augustine“ von Otfried Preußler/ Herbert Lentz (1971)
Lesealter: 4-6 Jahre
©1971, Thienemann-Verlag, ISBN 978-3522410601
„Die Zenzi mit dem Wackelzahn“ von Otfried Preußler/Rolf Rettich (1995)
Lesealter: 6-8 Jahre
©1995, Deutscher Taschenbuchverlag, ISBN 978-3423750394
„Der Engel mit der Pudelmütze- 6 Weihnachtsgeschichten“ von Otfried Preussler/Herbert Holzing (1997)
Lesealter: ab 8 Jahren
©2006, Thienemann Verlag, ISBN
www.thienemann-esslinger.de
„Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete“ von Otfried Preußler/ Thorsten Saleina (2018)
Im Mai 2018 ist die Zwischenepisode „Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete“ um den Räuber Hotzenplotz, Kasperl und Seppel beim Thienemann Verlag erschienen. Inhaltlich gestaltet sich die Erzählung im Vergleich zu den Vorgängerbüchern einfach:
Kasperls Großmutter liest in ihrer Küche Zeitung. Da kommt Kasperl dazu und wünscht sich zum Mittagessen Schwammerlsuppe mit Speck, Zwiebeln und Knödeln. Als sich Kasperl auf den Weg machen möchte, Seppel zu suchen, läuft er Wachtmeister Dimpfelmoser in die Arme. Dieser verbietet Kasperl das Haus zu verlassen, weil der berüchtigte Räuber Hotzenplotz „vor einer halben Stunde – und fünf Minuten“ (S.9f) aus dem Spritzenhaus ausgebrochen sei.
Kasperl beruhigt den aufgeregten Polizisten und sichert ihm zu, dass er gemeinsam mit Seppel den Räuber schon wieder einfangen wird. Kasperl macht sich auf den Weg in den Garten, um Seppel zu wecken, der in der Gartenlaube ein Nickerchen hält. Seppel’s spontaner Ausruf „Den könnte ich auf den Mond schießen!“ (S.14) bringt Kasperl allerdings auf eine abenteuerliche Idee. Sofort machen sich die beiden Freunde ans Werk und schleppen eifrig Kartonage, Kleister und silbernes Klebeband aus Großmutters Keller in den Garten. Und nun beginnt die große Bastelei!
Bald ist eine riesige silberne Kartonrolle fertig und Kasperl schreibt mit schwarzer Farbe „Mondrakete“ darauf. Das Monstrum kommt zusammen mit mit ein paar Schnüren und Säcken auf den Handleiterwagen der Großmutter und ab geht es zum Räuberwald! Dort liegt der Räuber Hotzenplotz derweil im Gebüsch und macht laut schnarchend eine wohlverdiente Pause. Mitten im schönsten Räubertraum wacht er auf und entdeckt Kasperl und Seppel, die sich lauthals mit der besonderen Fracht auf dem Leiterwagen abmühen und in einen Streit verwickelt sind. Die beiden können sich einfach nicht einig werden, wer zum Mond fliegen darf, um von dem dortigen Mondsilber mitzubringen. Der Räuber Hotzenplotz meint seinen Ohren nicht zu trauen und springt den beiden direkt vor die Füße. Mit vorgehaltener Pfefferpistole fordert er die beiden Streithähne auf, ihn mit der Rakete auf den Mond zu schießen. Und nun geht die Raumfahrt los: Zunächst streifen die beiden Freunde dem Räuber einen Kartoffelsack als Raumanzug über. Mit den Schnüren wird der Räuber fest angeschnallt und zuguterletzt in die Rakete gepropft. Als die Rakete beladen ist, kommt sie auf den Bollerwagen und an Bord dieser Startrampe beginnt die wilde Fahrt zurück ins Städtchen. Nebenbei zählen Kasperl und Seppel immer wieder den Countdown runter und als sie schließlich oben am Bergkamm angekommen sind, kann die wilde Mondfahrt beginnen. Mittlerweile ist auch dem Räuber klargeworden, dass er betrogen wurde. Aber Hotzenplotz ist so gut verpackt, dass er sich nicht rühren kann. Endlich stoppt die Mondrakete und zwar vor der Wachstube des Wachtmeisters Alois Dimpfelmoser. Dieser kann er sein Glück zunächst nicht fassen. Doch schließlich setzt sich ein feierlicher Triumphzug zum Kreisstadtgefängnis in Bewegung.
Am Schluss endet der erfolgreiche Tag wieder in der Stube der Großmutter. Diese kredenzt Kasperl, Seppel und dem Wachtmeister Dimpfelmoser wie versprochen die dampfenden Knödel und die Schwammerlsuppe.
„Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete“ von Otfried Preußler/ Thorsten Saleina (2018)
Lesealter: 6-8 Jahre
©2018, Thienemann Verlag, ISBN 9783522185103
Die Geschichte und ihre Dialoge entstammen dem Bühnenstück „Die Fahrt auf den Mond“, das 1969 erstmals in einem Puppentheatersammelband des Thienemann Verlags erschien. Otfried Preußler schrieb das Stück 1967 in einer Schaffenspause an seinem Jugendbuch „Krabat“. Das Puppentheaterstück wurde von seiner Tochter Susanne Preußler-Bitsch 2017 im Nachlass entdeckt. Preußler-Bitsch brachte es in die Erzählform und die Geschichte wurde mit Illustrationen von Thorsten Saleina versehen.
Ich finde die Erzählung unterhaltsam und einige Dialoge und Entwicklungen wirklich amüsant. Beim ersten Lesen geriet ich allerdings bereits bei der Einleitung ins Stocken und war nicht wie sonst von Otfried Preußlers Bucheinleitungen in Bann gezogen. Die Rahmenhandlung der Großmutter , die in der Küche das Essen vorbereitet, ist von Sprache und Dialogführung nicht mit Otfried Preußlers Stil zu vergleichen. Der Autor schaffte es in seinen anderen Werken scheinbar mühelos den Leser sofort in die idyllische Welt seiner Protagonisten zu ziehen.
Auch wenn die Illustrationen mit den genialen Bildern J.F. Tripps der alten Räuber Hotzenplotz-Bände aus den 1960er Jahren nicht mithalten können, finde ich sie dennoch gelungen, humorvoll und ansprechend. Bereits das erste Bild auf Seite 4 ist ein Hingucker. Was mir entging, aber meiner Tochter sofort auffiel: ganz versteckt im rechten oberen Eck des Küchenfensters lukt ein Auge des gewieften Räubers in die gemütliche Küchenstube der Großmutter. Auch der Schlapphut mit der roten Krempe und der roten Feder ist klein erkennbar. Damit wird dem aufmerksamen Kind gleich klar: der Räuber Hotzenplotz läuft frei herum und hält bereits Ausschau nach neuen Opfern… Das sorgt für Spannung.
Ähnlich wie Axel Scheffler stellt Saleina in diesem Buch Menschen und Tiere mit runden Augen dar, dadurch sieht der Bösewicht Hotzenplotz nicht beängstigend aus. Das Buch ist für Kinder von 6 bis 8 Jahren empfohlen. Durch seine Aufmachung ist es meiner Meinung auch als Vorlesebuch für jüngere Kinder geeignet. Darauf weist auch das Buchformat hin, dass sich zwischen Bilderbuch und Erstleserbuch bewegt. Mir persönlich gefällt die verulkende Darstellung Saleinas , trotz der auch die Urtümlichkeit der Naturdarstellungen und die heimelige Lebensumgebung nicht zu kurz kommen.
Ein nettes Kinderbuch, das Erstlesern einen vereinfachten Einstieg in die Kasperle- Reihe bieten kann oder als Schwank zwischen dem ersten und zweiten Räuber Hotzenplotz-Band bestehen kann.