Ho, ho, ho! – Bilderbücher mit dem Weihnachtsmann

In Folge der Immigration von Europa nach Amerika wurden Nikolausbilder und –bräuche mitgebracht. So entwickelte sich hier seit  Anfang des letzten Jahrhunderts die Vorstellung von Santa Claas,  dem Weihnachtsmann. Im Zuge der Säkularisierung und im rot-weißen Kleid der Coca-Cola- Werbung aus den 1920iger Jahren setzt sich zunehmend auch in Europa die Vorstellung vom Weihnachtsmann als Gabenbringer durch.

 

„Die Nacht vor Weihnachten“ von Clement Clarke Moore /Erich Kästner/Lisbeth Zwerger (1823)

Lesealter: ab 3 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©2013, minedition GmbH, ISBN978-3865662170

www.minedition.com

Im Jahr 1947 übersetzte Erich Kästner dieses bekannte englische Weihnachtsgedicht. In diesem Gedicht berichtet ein Vater wie er in der Heiligen Nacht von Lärm wach wird. Mutter und Kinder schlafen in ihren Betten und die Strümpfe hängen am Kamin. Als der Vater die Fensterläden aufstößt, sieht er einen Schlitten mit acht Rentieren herannahen. Auf dem Kutschbock sitzt der Heilige Nikolaus und feuert die Rentiere, die er mit Namen anspricht an, so dass diese hoch zum Hausdach fliegen. Nun springt der Nikolaus mit seinem Sack durch den Kamin und landet im Wohnzimmer. Der Vater kann einen Blick auf den gemütlichen, freundlichen alten Mann mit seiner Pfeife werfen. Als Sankt Nikolaus die Strümpfe befüllt hat, entschwindet er wieder durch den Kamin. Der Vater hört den Nikolaus in seinen Schlitten springen und mit den Worten „Frohe Weihnachten allen, und allen gut‘ Nacht!“ fliegt er davon.

Die vorliegende Bilderbuchausgabe wurde 2005 von der österreichischen Illustratorin Lisbeth Zwerger im Neugebauer Verlag veröffentlicht. Mit diesem Verlag kooperiert die Künstlerin, die 1954 geboren ist,  seit dem Jahr 1976. Auch die Weihnachtserzählung vom „Nussknacker und Mausekönig“ von E. T. A. Hoffmann wurde von Zwerger im Jahr 1979 und neu adaptiert im Jahr 2003 im Neugebauer Verlag veröffentlicht.

Zwergers Bilder schaffen einen Spagat zwischen einem modernen und historischen Zugang zum Weihnachtsklassiker „Die Nacht vor Weihnachten“. Dies gelingt, indem sie die zeitlosen Momente der Erzählung aufzeigt. Die dargestellten Szenen sind klassisch gewählt und im besonderen Zwerger Aquarellstil ausgeführt.

Lisbeth Zwerger stellt  Sankt Nikolaus  typisch mit Bischofsstab, rotem Mantel, schwarzen Stiefeln, weißen Handschuhen und weißem Bart dar. Die Kopfbedeckung ist auf den ersten Blick irritierend und bedient weder die Optik der Zipfelmütze des Weihnachtsmannes, noch die der Bischofsmütze des heiligen Nikolaus. Hier geht die Illustratorin eigene Wege. Abweichend vom Gedicht befüllt der Heilige Mann in Zwergers Darstellung auch nicht die Strümpfe, sondern schmückt mit Püppchen einen Weihnachtsbaum, der reduziert mit vergoldeten Blüten und Blättern behangen ist. Dieser Baumschmuck erinnert an die Tradition im 19. Jahrhundert  den Christbaum mit selbstgebastelten Blüten, Pappbildchen oder auch Figuren und Spielzeug  zu schmücken. Auch findet sich hier eine kleine Mickymaus am Baum. Insgesamt zeichnet Lisbeth Zwerger mit den abgetönten Farben – und hier gefallen mir besonders die Blautöne, die wunderbar zur Nacht passen- eine märchenhafte Kulisse für eine besondere Begegnung, an der Leser und Betrachter teilhaben.

Einen Kritikpunkt habe ich allerdings – die Mini-Geschenkausgabe ist für meinen Geschmack zu klein, um mit Kindern gemeinsam gemütlich zu lesen und den Illustrationen Wirkraum zu geben.

 

„Als der Nikolaus kam“  von  Clement Clarke Moore/Henry Livingston/Erich Kästner/ Thomas Nast (1823)

Lesealter:6-8 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©2006, Edition Tintenfaß, ISBN978-3937467214

www.verlag-tintenfass.de

Diese Bilderbuchausgabe ist mit Illustrationen des deutschen Immigranten Thomas Nast aus einer Veröffentlichung des Jahres 1869 versehen. Die Darstellungen des Karikaturisten Nast dienten in den 1920er Jahren als Vorlage für den Weihnachtsmann in der Coca-Cola Werbung. Wie auf dem Bucheinband zu erkennen ist, sind die Zeichnungen Nasts in Rostrot gehalten. Auch schwarz-weiße Zeichnungen finden sich. Als Kinder ihrer Zeit öffnen sie den Blick auf ein dörfliches Weihnachtsfest mit einem lebensfrohen, gemütlichen Nikolaus oder wie man heute sagt – Weihnachtsmann.

Bei dieser illustrierten Ausgabe wird neben Clement Clarke Morre auch Henry Livingston als Autor genannt. Dieser lebte zwischen 1748 und 1828. Nach heutiger Quellenforschung und – auslage ist davon auszugehen, dass dieser das Gedicht für seine Kinder schrieb.

Der Uniprofessor Moore veröffentlichte 1922 das Werk in einer Tageszeitung anonym, um es später in seinen Gedichtband „Poems“  unter dem Titel „A Visit from St. Nicholas“ aufzunehmen. Auch er gab an das Gedicht für seine Kinder geschrieben zu haben.

 

„Wo der Weihnachtsmann wohnt“ von Mauri Kunnas (1981)

Lesealter: 4-6 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©1982, Friedrich Oetinger Verlag, ISBN978-3789160905

www.oetinger.de

Dieses Weihnachtsbuch kenne ich seit meiner frühesten Kindheit und es fällt langsam aus dem Leim, weil es jedes Jahr aufs Neue hervorgeholt und betrachtet wurde. Die ersten Sätze haben sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Sie sind auch zu schön:

„Weit oben in Lappland, wo die Winter lang und kalt und dunkel sind, gibt es ein kleines Dorf am Fuße eines Berges. Dieser Berg hat einen schwierigen Namen, er heißt Korvatunturi und das ist finnisch.“ (Mauri Kunnas: Wo der Weihnachtsmann wohnt, Friedrich Oetinger Verlag, 1982)

Wer dort wohnt?        – Richtig! Der Weihnachtsmann!

Nach einem ersten Blick auf das Dorf erhält der Betrachter Einblick in das Leben des Weihnachtsmanns, seiner Frau, der Wichtelmänner, Wichtelfrauen, Wichtelkinder und der vielen Rentiere. Auf jeweils einer Doppelseite sind das Büro des Weihnachtsmanns, die Küche von Frau Weihnachtsmann, die Schlafkojen der Wichtel, das Klassenzimmer der Wichtelkinder, die Rentiere in den Bergen, die Schreinerwerkstatt, die Druckerei, diverse Werkstätten, das Spielzeuglager und die Poststelle dargestellt.

Dann erhält der Leser weitere Hintergrundinformationen: Wie bereiten sich die Wichtel auf Weihnachten vor? Was tun die Kundschafterwichtel? Und was machen die Wichtel und der Weihnachtsmann im Sommer?

Die nächsten 4 Doppelseiten berichten von den letzten Tagen vor Weihnachten: Jetzt werden alle Geschenke verpackt, die Flugzeuge und Rentierschlitten vorbereitet und beladen. Nun ziehen die Wichtel und der Weihnachtsmann ihre typischen Mäntel und Mützen an und machen sich auf den Weg zu den Kindern. Danach folgen zwei Doppelseiten mit Bescherungen an verschiedenen Orten der Erde.

Zum Abschluss des Bilderbuches wird gezeigt wie im Weihnachtsmanndorf der erste Weihnachtsfeiertag gefeiert wird: Zunächst wärmen sich die Wichtel und der Weihnachtsmann von ihrer Reise in der finnischen Sauna auf. Dann gehen alle Dorfbewohner zur Kirche und zum Krippenspiel. Schließlich findet im Festsaal mit einem riesigen geschmückten Weihnachtsbaum ein Weihnachtsfest statt. Die Wichtelkinder spielen mit ihren Geschenken. Es werden fröhlich Weihnachtslieder gesungen. Außerdem gibt es süßen Reisbrei- Wer genau guckt, findet auch den glücklichen Wichtel,  der die versteckte Mandel gefunden hat..

Diesen Weihnachtsklassiker veröffentlichte der finnische Karikaturist und Comiczeichner Mauri Kunnas im Jahr 1981. Es ist bis heute sein erfolgreichstes Buch und legte den Grundstein für seine Karriere als Kinderbuchautor. Im Vorwort des Sammelbandes „Das große Weihnachtsbuch“ , der die Bilderbücher „Wo der Weihnachtsmann wohnt“, „12 Geschenke für den Weihnachtsmann“ und „Zauberspuk beim Weihnachtsmann“ enthält, berichtet Mauri Kunnas über autobiografische Details seiner Werke. Beispielsweise ist die Tischlerwerkstatt im Weihnachtsmanndorf angelehnt an die Werkstatt seines Vater, der in den 1950er Jahren als Schreiner arbeitete. Auch ist ein unvollendetes Bild, auf dem die Mittsommerfeier der Wichtel abgebildet ist, im Vorwort abgedruckt. Für dieses war im Buch kein Platz mehr. In seinen Weihnachtsbüchern sieht Kunnas auch die  Weihnachten seiner Kindheit bei der Großfamilie mütterlicherseits verarbeitet. Die fröhliche, kommunikative Stimmung der Wichtel beim Essen, Singen und Handwerkeln spiegelt diese Erfahrung. (Vgl. Mauri Kunnas: Das große Weihnachtsbuch, Oetinger Verlag, 2015, S.4f.)

Der kindliche Humor und die Detailliebe des Autors machen das Buch auch für Kinder weit über 6 Jahren noch interessant. Mauri Kunnas zeichnet das Bild eines gemütlichen, aber ernsthaften Weihnachtsmannes, der mit der Zeit geht und sich moderner logistischer Möglichkeiten bedient.

Äußerlich betrachtet, erscheint der Weihnachtsmann wie im Gedichtsklassiker „Die Nacht vor Weihnachten“  aus dem Jahr 1823 als „rundlicher Zwerg aus dem Elfenland“ (C.C. Moore/Erich Kästner: Die Nacht vor Weihnachten, Michael Neugebauer Edition, 2013).

In Kombination mit den Traditionen der finnischen Wichtel, die ihre Arbeit für den Weihnachtsmann sehr ernst nehmen, entwickelt Mauri Kunnas eine eigene Welt „weit oben in Lappland“. So wird dem Leser viel fantasievolles Sachwissen rund um den Weihnachtsmann auf den Weg gegeben. An diesem Leben im Weihnachtsmanndorf teilzuhaben und darüber Bescheid zu wissen, hat mich als Kind fasziniert.

 

Weitere Bilderbücher mit dem Weihnachtsmann:

 

„Babar und der Weihnachtsmann“ von Jean de Brunhoff (1941)

Lesealter: 5-7 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©2016, Köln, Anaconda Verlag GmbH, ISBN 978-3730604007

www.anacondaverlag.de

 

 „Stockmann“ von Julia Donaldson/Axel Scheffler (2008)

Lesealter: 4-6 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©2017, Beltz& Gelberg Verlag, ISBN978-3407794673

www.beltz.de

 

„Dann kommt der Weihnachtsmann“ von Jozsef Borsi Darazs/Karoly Reich (1966)

Lesealter:  3-6 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

©2011, Leipziger Kinderbuchverlag, ISBN978-3896033925

www.leiv-verlag.de

 

„Antonella und ihr Weihnachtsmann“ von Barbara Augustin/ Gerhard Lahr (1969)

Lesealter: 4-6 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©2010, Beltz/der Kinderbuchverlag, ISBN978-3407770905

www.beltz.de

 

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