Ein spannendes Abenteuer mit Dominik Dachs

Heute möchte ich ein Bilderbuch präsentieren, das meiner Meinung nach in keinem Kinderzimmer fehlen sollte. Es hat mich inhaltlich und gestalterisch absolut überzeugt!

Mit  „Dominik Dachs und die Katzenpiraten“ hat die Schweizer Autorin und Illustratorin Doris Lecher sich einer schönen und erfolgreichen Erzählung des englischen Autors Denys Watkins-Pitchfords angenommen. Im Jahr 2018 erschien die Adaption um den liebenswürdigen Dachs Dominik und die gefährlichen Katzenpiraten in einer wunderschönen Bilderbuchfassung im Schweizer Baeschlin Verlag. Lecher reduzierte den Text und griff die eingängigen Dialoge der Originalerzählung auf. Zusammen mit ihren umfangreichen, fantasievollen Illustrationen erscheint die Abenteuergeschichte so in einem klassisch-zeitlosen Gewand und trumpft mit einigen dramaturgischen Höhenpunkten auf.

Autor der Originalgeschichte ist der englische Kinderbuchautor Denys Watkins-Pitchford, der unter dem Psydonym BB von 1957 bis 1969 die Episoden um den alten Dachs Dominik veröffentlichte. Kulisse der achtbändigen Erzählung ist ein Schiff – im Englischen „Wandering Wind“, in der deutschen Übersetzung „Möwe“. In Deutschland wurden zwischen 1968 und 1972 vier der acht Bände (beginnend ab Band 3) im Benziger Verlag,  sowie von 1976 bis 1977 im Otto Maier Verlag veröffentlicht.  In der englischen Ausgabe illustrierte Watkins-Pitchford die Bücher selbst. Die deutschen Ausgaben wurden von Hanspeter Wyss illustriert. Für sein Werk „Die Wichtelreise“ wurde Denys Watkins-Pitchford bereits 1942 mit der Carnegie Medal ausgezeichnet. Auch dieses wurde 2018 mit wunderschönen Bildern von Daniela Drescher bebildert im Urachhaus Verlag neu verlegt.

„Dominik Dachs und die Katzenpiraten“ von Doris Lecher nach Denys Watkins-Pitchford (1957)

Lesealter: 4-6 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©2018, Baeschlin Verlag, ISBN 978-3-85546-325-1

www.baeschlinverlag.ch

Davon handelt das Bilderbuch:

Dominik Dachs ist arm, wehmütig und antriebslos. Die Schwalben fliegen gen Süden und er hat nicht recht Lust in seinem Garten noch die letzten Arbeiten vor dem Winter zu erledigen. Da  kommt die blinde Ratte, der Vagabunden-Otto, vorbei und singt ein fröhliches Lied („Alle Schwalben sind schon fort“ nach der Melodie von „Alle Vögel sind schon da“). Demütig stellt Dominik fest, dass es ihm im Vergleich zum blinden und heimatlosen Otto doch gut geht und schenkt ihm seinen letzten Taler. Zum Dank liest ihm Otto aus der Hand und sagt eine gefährliche Reise voraus.

Gleich darauf besucht Dominik seinen Freund, den Biber Matthias, der einen florierenden Bootsverkauf betreibt. Diesem fällt gleich auf, dass Dominik bedrückt ist und um ihn aufzumuntern und eine Arbeit zu geben, schenkt er ihm ein altes Schiff, die „Möve“. Hierfür kann sich Dominik begeistern und arbeitet nun unermüdlich bis er sich das Schiff schön zurecht gemacht hat.

Dominik möchte sich bei Matthias für das großzügige Geschenk revanchieren und so willigt er gerne ein eine Ladung Kastanien zur Konservenfabrik flussabwärts zu bringen. Im Vertrauen bittet ihn Matthias eine Truhe mit Goldtalern, die unter den Kastanien versteckt ist, zur Bank zu bringen. Das bereitet Dominik Bauchschmerzen, da er von dem Gerücht gehört hat, das sagt „ es gebe Diebe am Kanal. Eine Bande von Katzenpiraten.“ (S.8) Doch Matthias winkt ab und spricht Dominik gut zu.

 

 

 

 

 

 

 

 

©2018, Baeschlin Verlag, Doris Lecher

www.baeschlinverlag.ch

So macht sich Dominik auf die große Reise und trifft unterwegs bei einer Pause, den liebenswürdigen und gefräßigen Igel Niki-Tiki. Da hat Dominik eine gute Idee: „ Reise mit mir, dann sind wir beide nicht mehr allein“. (S.12)

Die beiden hätten eine schöne Schiffsreise genießen können, wenn sie am nächsten Tag nicht an eine Schleuse gekommen wären. Davon hatte Matthias vergessen zu berichten und so bleibt dem mittellosen Dominik nichts anderes übrig als für die Passage mit einem Goldstück aus Matthias Geldtruhe zu bezahlen. Nicht nur Niki-Tiki, auch der Schleusenwärter machen große Augen… Besonders interessiert scheint aber der zwielichtige Schleusenkater Napoleon. Als Dominik ablegt, macht er sich auf direktem Weg in den Finsterwald zum Roten Tom, dem Anführer der Katzenpiraten. In dieser Nacht regnet es und Onkel Dominik meint „Katzen mögen kein Wasser. Heute brauchen wir keine Nachtwache“ (S.20) halten. Doch das war ein verhängnisvoller Trugschluss…

Die beiden Freunde werden von den Katzenpiraten gefangen genommen und diese bringen Matthias‘ Geldtruhe zu ihrem Versteck. Der arme Niki-Tiki und Dominik werden gefesselt in ihrem Schiff zurückgelassen und zu allem Unglück bohren die bösen Katzen das Schiff an, damit es sinkt.

Die beiden Freunde wären jämmerlich ertrunken, wenn nicht der Vagabunden-Otto ihre Hilferufe gehört und zur Hilfe gekommen wäre. Und nun kommt auch heraus: Der schlaue Otto kann sehen!  Er „hat nur so getan als ob, um mehr Geld zu bekommen.“ (S.25)

In der Räuberhöhle kommt es derzeit zu einem handfesten Streit, denn „Der Rote Tom will nicht teilen.“ (S.25) Es gibt es eine üble Schlägerei unter den Katzenpiraten… Das spielt Dominik, Niki-Tiki und dem Vagabunden-Otto nur in die Hände, denn nun müssen sie den Banditen nur den Rest geben.

Gefesselt wird die Räuberbande an die Polizei übergeben und mit Hilfe ihrer Freunde können Dominik und Niki-Tiki die „Möve“ wieder bergen und Instand setzen.

Dominik, Niki-Tiki und der Vagabunden Otto werden mit einer Belohnung und einem Orden geehrt. Nun kann der Vagabunden-Otto als ehrbarer Musikant ein neues Leben beginnen und auch für Dominik und Niki-Tiki gibt es ein Happy End: Sie gründen eine Transportfirma und können die Welt bereisen. Das Buch endet mit einem fröhlichen Lied des Musikanten Otto  („Alle Katzen sind nun fort“).

 

 

Meine Meinung:

Ein Traum wird wahr! Wer möchte nicht ein Boot geschenkt bekommen? Dominik Dachs ist ein richtiger Glückspilz und waschechter Abenteurer. Die Autorin, Doris Lecher, komprimiert die Abenteuergeschichte für Jungen ab 7 Jahren auf die wichtigsten Handlungsstränge und betont mit ihren detaillierten, kindernahen Bildern und Texten die fantasievollen und spannenden Stellen der Geschichte. Hierdurch eröffnet sie sie auch für Kinder ab 4 Jahren. Nicht nur durch die tolle Abenteuererzählung trumpft das Bilderbuch auf, auch hat Doris Lecher es geschafft mit einigen Korrekturen, Überspitzungen in Bild und Text empathische Reize zu setzen. Damit enthält ihre Erzählung von Dominik Dachs und den Katzenpiraten gleich mehrere Stellen, die Kinder empathisch fordern.

Da ist zuerst einmal der obdachlose Vagabunden-Otto, dem Dominik Dachs auf Augenhöhe begegnet und sein letztes Geld gibt (und der später nochmal eine wichtige Rolle spielt). In der Originalfassung zeichnet Watkins-Pitchford das Bild eines nichtsnutzigen Landstreichers, der es trotz der Geldbelohnung nicht schafft, sein Leben zu ändern.

Auch Lechers bildliche Ausgestaltung der Katzenpiraten beflügelt die Fantasie. Der Rote Tom, der Anführer, hat wirklich ein schauerliches Gebiss und die ganze Horde wirkt wild und unüberwindbar. Der Schleusenkater Napoleon, der der Bande ja letztendlich den entscheidenden Tipp gibt, macht auf Kinder einen zwielichtigen Eindruck. Ich frage an der Stelle, an der er sich an den roten Tom wendet immer meine Tochter, was er ihm wohl berichtet und so spielen wir die Geschichte quasi nach.

Der grausame Höhepunkt folgt, denn Dominik und Niki-Tiki  werden von den bösen Piraten nicht nur gefesselt, sondern samt ihres Schiffs versenkt. Dass dies nur jemand mit einer großen kriminellen Energie und Bösartigkeit  zustande bringt, ist den Kindern zweifelsfrei klar. Den kleinen Igel Niki-Tiki hat der Leser schnell lieb gewonnen und die Kinder identifizieren sich mit ihm. Durch seine Tränen wird das Bild der sinkenden Möve wirklich berührend und baut eine große Spannung auf. Zum Glück hat der Vagabunden-Otto gute Ohren und zur Überraschung aller auch gute Augen und eilt zur Hilfe.

Dass der Rote Tom später in seiner Piratenhöhle nicht teilen möchte, leuchtet dem betrachtenden Kind absolut ein und mit Genugtuung wird die Rauferei zwischen den Piraten wahrgenommen, die Dominik Dachs und Niki-Tiki in die Hände spielt. Auf der nächsten Seite erfolgt dann die Gerechtigkeit: die ganze Bande wird von der Polizei ins Gefängnis gebracht. Das haben sie aber auch wirklich verdient, stellt man als Leser fest. Und natürlich müssen die Helden geehrt werden und  Dominik Dachs, Niki-Tiki und der Vagabunden-Otto erhalten einen Orden und eine Belohnung. Auch die Möve wird gehoben und es kommt für alle zum Happy End. Der Vagabunden Otto ist nicht mehr arm, sondern ein angesehener Musikant und Dominik und Niki-Tiki können nun mit ihrer Möve Lieferungen auf dem Kanal übernehmen, denn die bösen Katzenpiraten sitzen ja hinter Schloss und Riegel.

Besonders schön und erwähnenswert:

Im Bucheinband vorne und hinten ist ein Längsschnitt der Möve abgebildet: Vorne die Kombüse und hinten das Schlafzimmer. Zum einen animieren diese detailreichen Bilder zum Betrachten, aber auch zum Träumen. Hier kommen abenteuerlustige Jungs, aber auch mutige Mädchen auf ihre Kosten!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©2018, Baeschlin Verlag, Doris Lecher

www.baeschlinverlag.ch

Der Vagabunden-Otto stimmt zu Beginn, in der Mitte und zum Ende des Buches ein einstrophiges Lied an, das einfach nach der Melodie von „Alle Vögel sind schon da“ nachgesungen werden kann.

Mein Fazit:

Doris Lecher ist es gelungen, die Erzählung auf ihre klassischen Abenteuermomente zu reduzieren und den Vagabunden Otto zeitgemäß und empathisch einzubinden. Ein tolles Kinderbuch, dass ich ohne wenn und aber empfehlen kann!

 

Die Originale im Überblick:

Hier nun ein Überblick über die vier Originalbücher des Autors Denys Watkins-Pitchfords, die zwischen 1976 und 1977 im Ravensburger Taschenbuch Verlag veröffentlicht wurden.

Wer sich die Erscheinungsdaten der vier Bände betrachtet, bemerkt, dass in der deutschen Ausgabe Band 2 und 4 eigentlich im Jahr 1963 erschienen sind. Daher folgt zwischen Band 3 und 4 ein leichter logischer Bruch in der Reihe, da der Rote Tom nach seinem eindeutigen Tod doch wieder in Erscheinung tritt.

Stellenweise sind die Bücher Kinder ihrer Zeit und enthalten ein paar fragwürdige Stellen zu Zigeunern und Landstreichern. Hier vermitteln sie ein klischeehaftes, negatives Menschenbild. Durch die Andeutung von Zwielichtigkeit wird allerdings auch Spannung aufgebaut und Dominik und Niki-Tiki glänzen als klassisches Heldenduo. Denys Watkins-Pitchford beschreibt eine romantische Abenteuererzählung, in denen sich dem Leser der starke Dominik oder der gefühlvolle Niki-Tiki als Identifikationsfiguren anbieten. Idyllische, heimelige Beschreibungen des Lebens auf einem Boot wechseln sich mit spannenden, bewaffneten Konfrontationen mit den Katzenpiraten ab.

 

„Dominik Dachs und die Katzenpiraten“ von Denys Watkins-Pitchford/Hanspeter Wyss (1957)

Lesealter: ab 7 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©1976, Otto Maier Verlag Ravensburg, ISBN 3473393819

 

 

„Dominik Dachs und der Schnüffelhannes“ von Denys Watkins-Pitchford/Hanspeter Wyss (1963)

Lesealter: ab 7 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©1976, Otto Maier Verlag Ravensburg, ISBN 3473393827

 

„Dominik Dachs und der verborgene Schatz“ von Denys Watkins-Pitchford/Hanspeter Wyss (1967)

Lesealter: ab 7 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©1977, Otto Maier Verlag Ravensburg, ISBN 3473394238

 

„Dominik Dachs und der Schwarze Napoleon“ von Denys Watkins-Pitchford/Hanspeter Wyss (1963)

Lesealter: ab 7 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

©1977, Otto Maier Verlag Ravensburg, ISBN 3473393819

 

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