Mit Kubaki nach Tripiti – Zwei Bilderbuch-Reisen mit Hans Ulrich Steger

Nun sind die Sommerferien da und mit ihnen verbunden das Fernweh nach sonnigen, warmen Ländern. Der Schweizer Karikaturist, Maler und Kinderbuchautor Hans Ulrich Steger nimmt mit seinen Bilderbüchern seit 50 Jahren Kinder mit auf die Reise in aufregende Städte und fremdartige Länder. Seine Kinderbücher tragen die Titel „Reise nach Tripiti“ und “ Wenn Kubaki kommt“ und sind im Diogenes Verlag im Jahr 2006 und 2016 neu aufgelegt worden. Ich möchte Euch beide Geschichten gerne vorstellen:

„Reise nach Tripiti“ von Hans Ulrich Steger (1967)

Lesealter: 4-6 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

©2016, Diogenes Verlag, ISBN  9783257005165

www.diogenes.ch

Wie in dem Märchen „Die Bremer Stadtmusikanten“ sind es in dieser Erzählung ausgediente und defekte Spielzeuge, die sich auf den Weg machen, um zur Küstenstadt Tripiti zu reisen. Und das kommt so:

Der Teddybär Theodor, dem ein Auge und ein Ohr fehlt, landet auf der Mülldeponie. Er träumt in der Nacht „von einem Fischerdorf mit weißem Turm“ (S.1) namens Tripiti. Theodor ist sich sicher, dass dort viele Kinder wohnen, die mit ihm spielen wollen. In der Abfallgrube trifft er das kaputte Holzpferd Kaspar und gemeinsam beschließen sie, sich auf den Weg nach Tripiti zu machen. Unterwegs treffen sie die Holzkuh Flora, die Puppe Resi, einen Holzspecht, Mischa mit seinem Traktor, eine Babuschka ohne Kind, ein Spielzeugboot, ein Tanzpärchen, einen Kreisel, den Stabturner Ali, drei kaputte Musikinstrumente, das Püppchen Sascha und ein Frieden stiftendes Tontäubchen. Diese Spielzeuge schließen sich alle der Wandergruppe an und so geht die abenteuerliche Reise auf der Balkanroute los.

Schließlich trifft die Spielzeugschar in der Stadt Mikropolis ein. Hier wohnen die besten Handwerker der Welt und reparieren die Reisenden fachmännisch in ihren Handwerksstuben. Am darauffolgenden Tag gelangen die Freunde in das Küstenstädtchen Philotria. Vor ihrer Abfahrt mit dem großen Schiff nach Tripiti decken sich die Spielzeuge mit Süßigkeiten ein und kaufen Unmengen von Lutschern und Zuckerstangen. Am nächsten Morgen startet ein reich beladenes Schiff über das Meer in Richtung Tripiti. An Deck stehen alle Reisegefährten, die Arme voll mit Lutschern und halten Ausschau nach dem weißen Turm von Tripiti.

Den schönsten Augenblick der Reise – nämlich die Ankunft des Schiffes-  hat Hans Ulrich Steger nicht als Bild festgehalten, sondern nur in Worten beschrieben: „Ist das ein Drängen, Lachen, Rufen und Puffen, bis jedes Kind ein Spielzeug gefunden hat!“.

So sieht man als vorletztes Bild die Kinder von Tripiti am späten Abend tief schlafend in ihren mondbeschienenen Häusern und Betten. An der Seite eines jeden Kindes steht oder liegt eines der Spielzeuge, das die weite Reise nach Tripiti auf sich genommen und nun eine neue Heimat gefunden hat.

Ganz oben im weißen Turm erstrahlt hinter einer Deckenluke noch ein warmen Lichtschein: Hier sitzt Theodor beim Licht einer Öllampe und malt und schreibt an einem Bilderbuch. Wie das Buch heißt, steht auf dem ersten Blatt: Reise nach Tripiti.

Meine Meinung:

In seinem Kinderbuch verbindet Hans Ulrich Steger drei Elemente, die sein Bilderbuch so besonders machen. Zum einen führt er den Betrachter mit einer emotionalen und auch spannenden Geschichte durch das Bilderbuch. Nebenbei wird indirekt angeregt, über den Umgang mit ausgedientem oder kaputtem Spielzeug nachzudenken.

Besonders imponierend finde ich allerdings die Darstellung der Landschaften und Menschen der verschiedenen Kulturkreise auf der Balkanroute. Auch wenn die Reiseroute nicht gesondert benannt wird, so lässt Steger in seinen Illustrationen Bilder des Alppasses, der Landschaft Sloweniens, des Flusses Save, der jugoslawischen Stadt Belgrad, der serbischen Sumadija, der mazedonischen Hauptstadt Skopje, der griechischen Hafenstadt Thessaloniki und des Fischerdorfes Tripiti auf der griechischen Halbinsel Chalkidiki entstehen.

Bei der Darstellung der Bevölkerung fällt auf, dass Steger die Andersartigkeit der Menschen betont und sie darstellt, ganz so wie Kinder sie wahr nähmen: in die Arbeit vertieft und ernst.

Ein Bilderbuch, das bildet, bewegt und beeindruckt!

 

Hier meine drei Lieblingsbilder des Buches:

 

 

 

 

 

 

Hilfsbereit eilt Theodor der Puppe Resi entgegen, die am Ufer eines Wildbaches liegt. Die typischen Häuser der Alpen, die dunklen Tannen und die Menschen in Trachten werden vor dem Inneren Auge lebendig. So gelingt es Steger durch die frischen Grüntöne und das leichte Hellblau des Himmels und des Flusses die Kühle des Sommermorgens einzufangen.

 

 

 

 

 

 

Die Landschaft verändert sich. Nur vereinzelt sind Bäume zu entdecken. Die Straßen sind staubig und auf den kargen Weiden sieht man Kuh- und Schafhirten. Auch Bauern mit einem Esel sind zu erkennen. Am Straßenrand turnt die Holzfigur Ali. Ihm fehlt ein Bein und so kommt er mit auf die Reise. Die warmen Erdtöne mit den gelblichen Wiesen und das helle Sonnenlicht  geben die mittägliche Wärme eindrucksvoll wieder.

 

 

 

 

 

 

Auf diesem Bild wird ein Kindertraum wahr: Gespannt und in freudiger Erwartung drängt sich die Reiseschar im Bug des Schiffes und erblickt endlich den weißen Turm von Tripiti. Am Strand von Tripiti sieht man in wenigen Strichen Kinder gezeichnet, die sich Richtung Meer bewegen, um das besondere Schiff zu begrüßen. Die farbenfrohen Lutscher passen gut zu der fröhlichen Stimmung der Szenerie und heben das Schiff auch farblich von anderen Passagierschiffen ab.

 

 

„Wenn Kubaki kommt“ von Hans Ulrich Steger (1976)

Lesealter: 5-7 Jahre

 

 

 

 

 

 

 

© 2006, Diogenes Verlag, ISBN978-3257005820

www.diogenes.ch

Nick und Anni sind bei ihrer Großmutter im Garten, als sie vom Holzpferd Kubaki angesprochen werden, ob sie mitkommen wollen, die ganze Welt zu sehen. Kubaki führt die beiden Geschwister um die Ecke in die Lagerscheune des Trödelhändlers Sepp, seines Besitzers. Dieser wünscht den dreien eine gute Reise und bevor sich die Kinder versehen, sind sie mit Kubaki bereits im Land Belcanzonien. Hier fahren kleine Autos in dichtem Verkehr durch ein Hallengwölbe.

Da gefällt es den drei Reisen im Land Baklavanien viel besser! Hier treffen sich alle Bewohner auf dem Marktplatz und spielen die verschiedensten Brettspiele wie Mühle, Dame und Schach…Auch Kubaki und die Kinder mischen sich unter die Spielgesellschaften.

Im Land der großen Ströme rasten Kubaki und die Kinder an einer der vielen langen Brücken. Hier kann getaucht und geplanscht werden. Dieses Bild ist auch eines meiner Lieblingsbilder des Buches, da hier das kindliche Spiel mit Wasser voll ausgekostet wird.

 

 

 

 

 

Die fantastischen langen Brücken möchte man zu gerne besteigen oder einfach die Füße ins kühle Nass halten. Wer ganz mutig ist, traut sich vielleicht wie die Jungen im Bild von den Zinnen der Brücke zu springen. Auch kleine Boote treiben ruhig durchs Wasser und man bekommt Lust, die Hosenbeine hochzukrempeln und im seichten Wasser einen Staudamm zu bauen. Ein herrliches Sommerbild, das mit seinen warmen Sandfarben und kühlen Wassertönen alle Sinne anregt.

Danach durchqueren die drei die Wüste und passieren die Hütte des Savannenkönigs und die Hütten seiner Tieruntertanen.

Vor der Stadt Abu Saba helfen Anni und Nick den einheimischen Kindern Tonziegel zu bemalen und kunstvolle Häuschen zu bauen.

Im Land Ururur erzählt der 1001 Jahre alte Märchenerzähler Oli Garasch mitten auf dem Marktplatz Märchen. Kubaki, Anni und Nick mischen sich unter die vielen Zuhörer.

In der Stadt Planigrad findet gerade der größte Jahrmarkt der Welt statt. Anni und Nick schauen sich begeistert um.

Von Planigrad rutschen Kubaki und die beiden Kinder ins Land Rutschistan. Hier gibt es die längsten und schnellsten Rutschen mit wilden Kurven und atemberaubenden Loopings.

 

 

 

 

 

 

Dieses Bild gibt auch Auskunft über Stegers Arbeit als Karikaturist. So sind die abendländischen Bewohner dieses Landes wie auf vielen seiner Bilder sehr markant und teilweise karikaturistisch dargestellt.

In Maharadschien geraten die drei Reisenden mitten unter eine Elefantenprozession und Kubaki stapft bunt geschmückt mit.

Jetzt sind die Kinder mit Kubaki die vielen Hochhaustreppen bis auf das „Dach der Welt“ gestiegen. Von der Dachbrüstung hat man eine herrliche Aussicht auf die schneebedeckten Berge.

Ihr nächstes Reiseziel ist das Drachenland. Hier lassen die einheimischen Kinder die herrlichsten Drachen steigen.

Im Trapperland Yukaska findet auf den weiten Landstraßen ein Autorennen statt. Auch Nick hat ein Auto gebaut und Anni und Kubaki dürfen im Anhänger mitfahren.

In der Westernstadt steigt Nick vom Auto auf ein Fass um. Anni reitet auf Kubaki als Sheriff über die Hauptstraße.

Die nächste Reisestation der drei ist Hexinkaktepetl. Hier ist gerade Karneval und bei der fetzigen Musik schwingt sogar Kubaki sein Tanzbein.

Nun treffen Anni, Nick und Kubaki in Watercity mit seinen riesigen Wolkenkratzern, den Brücken und seinem Hafen ein. Die beiden Kinder tröten durch eine Kartonrolle und einen Plastikschlauch. Das hört sich genau wie die Schiffssirenen an!

 

 

 

 

 

Das Bild fasziniert mich als Erwachsene auch, denn die moderne, statische Architektur und die zahlreichen Verbindungen mittels Eisenbahn-, Auto- und Fußgängerbrücken lassen das Auge immer wieder wandern. Das kühle, trübe Wasser deutet deutlich auf das Klima Nordamerikas hin.

Nun steigen die Kinder mit Kubaki an Bord eines Geisterschiffs und werden in eine Spukstadt mitgenommen. Hier gibt es Drachen, Fledermäuse, Gespenster, Geister und Vampire.

Im nächsten Land stehen überall Windmühlen und auf den zahlreichen Kanälen kann man in großen Holzpantinen Boot fahren.

Das sich anschließende Land wartet mit breiten Flüssen, hohen Kathedralen und Schlössern auf. Hier angeln die beiden Kinder auf Kubakis Rücken im Fluss.

Plötzlich stehen die beiden Kinder wieder im Garten ihrer Oma. Diese hat auch von der Reise der Kinder geträumt und betrachtet lächelnd die Spielaufbauten im Garten, die an alle Reisestationen erinnern. Die drei rätseln, ob ihre Weltreise nur ein Traum wahr. Da kommt ein Enterich angewatschelt und reicht ihnen zum Beweis eine Adlerfeder des Häuptlings aus dem Trapperland.

Meine Meinung:

In diesem Bilderbuch bringt Hans Ulrich Steger überspitzt Vorstellungen von fremden Ländern sowie Interessen und Spiele von Kindern zusammen. Er erfüllt auf jeder Doppelseite Kinderwünsche und überrascht aufs kühnste.  Ich kann mir vorstellen, dass auch besonders Jungen seine detailreiche Art der Darstellung zu würdigen wissen. Ein Buch, das mich vollauf begeistert!

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