Wann er das letzte Mal Riesenrad gefahren ist? Da muss Ali Mitgutsch lange überlegen. An einem warmen Frühsommertag sitzt der Mann, der vor bald 50 Jahren die Wimmelbilderbücher erfunden hat, in seiner Küche in München und sagt schließlich: "Vermutlich mit einem der Enkel. Für mich allein bin ich ganz sicher nicht mehr gefahren. Ehrlich gesagt, mag ich es nicht sonderlich." Dabei war es eine Fahrt im Riesenrad, der er seinen großen Ruhm und jahrzehntelangen Erfolg verdankt.

Zum ersten Mal hatte Ali Mitgutsch den für seine Wimmelbilder typischen Blick von oben auf die Welt als Kind auf dem Rummel. Das Leben noch überschattet von den Kriegsjahren, besuchte der kleine Ali die Auer Dult in München, eine Mischung aus Volksfest und Jahrmarkt. Während die Erwachsenen sich an Ständen mit Haushaltswaren und Kleidung tummelten, unternahm der Junge eine Reise in die Luft. "Ich war ein Feind von so wilden Fahrgeschäften wie der Schiffschaukel", sagt Mitgutsch. Das Riesenrad aber war schön: diese Aussicht! Der Blick von oben – ein Schlüsselerlebnis. In seiner im Mai erschienenen Autobiografie erinnert sich Mitgutsch: "Menschen liefen über den Platz, kamen zu Gruppen zusammen, lösten sich wieder auf, Kinder jagten hintereinander her, Karren wurden gezogen, eine Frau sammelte ihren Einkauf vom Pflaster, und ein Junge kletterte einen Laternenpfahl hinauf. Es gab unendlich viel zu sehen, auf gewisse Weise hatte alles seine Ordnung und dann auch wieder nicht. Dieses Gewimmel begeisterte mich sofort. Ich wollte mehr davon und jauchzte jedes Mal, wenn es wieder nach oben ging."